Messdatenauswertung

Das Instrumentenmodell

  • Der Sensor hat die Aufgabe eine physikalische Variable X in eine Signalvariable (i.A. elektrisch) S zu wandeln.
Physikalische Var. X Signalvariable S
Kraft (Dehnung) Widerstand
Länge Strom
Temperatur Spannung
Druck Kapazität

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Abb. 1. Einfaches Instrumentenmodell: Sensor und Display

Das Instrumentenmodell

  • Das Signal S kann dargestellt, aufgenommen oder weiter verarbeitet werden.
  • Das Signal S ist eine analoge Größe. Ein Signal besteht aus einem Nutz- und einem Rauschanteil, der immer vorhanden ist, und eine Störung der Messung darstellt.

Analoge (physikalische) Signale: Analoge Signale sind zeit- und wertkontinuierlich, d.h. man findet in einem beliebig kleinen Intervall [a,b] immer eine Zahl c für die gilt: a < c < b. Ein analoges Signal besitzt aufgrund physikalischer Vorgänge die Eigenschaft keinen exakten und zeitlich konstanten Wert zu besitzten, sondern setzt sich zusam- men aus einer Überlagerung mit einem stochastischen Rauschsignal.

Das Instrumentenmodell

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Abb. 2. Zoom eines analogen Signals in Zeit- und Wertdimension (vereinfacht)

Das Instrumentenmodell

  • Der Zusammenhang zwischen dem Signal S und der physikalischen Messgröße X ist durch eine Funktion K gegeben (Übertragunsfunktion). Sie ist i.A. nicht linear und unbekannt, und wird meistens durch Kalibrierung ermittelt und kann mit einem Polynom m-ten Grades angenähert werden (Kalibrierungsfunktion)
\[K(X){\text{ }}:{\text{ }}X \to S{\text{ }},{\text{ }}K(x) \approx \sum {{a_n}{x^n}} {\text{ }}
\]

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Abb. 3. Die Kalibrierungsfunktion wird i. A. aus Messungen und Regression (polynomielle Anpassung) abgeleitet. [Webster, MISH, 1999]

Das Instrumentenmodell

  • In der digitalen Signalverarbeitung findet eine Wandlung der analogen Signalgröße S in ein zeit- und wertdiskreten digitalen Wert D statt.
  • Elektrische Signale Se werden i. A. mit einem elektrischen Signalverstärker vergrößert bevor die eigentliche Analog-Digital Wandlung stattfindet.
  • Ein zeitlich variierendes Sensorsignal S kann aus einer Überlagerung von sinusförmigen Grundschwingungen mit verschiedenen Frequenzen, Amplituden, und relativen Phasen gebildet werden. Die Messung von Wechselsignalen erfordert i.A. ein Frequenzfilter (Tiefpassübertragung).

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Abb. 4. Digitales Signalverarbeitungssystem

Das Instrumentenmodell

Aktive und passive Sensoren

  • Passive Sensoren werden nur durch physikalische Vorgänge der Umgebung angetrieben, die auch ohne den Sensor stattfinden.
  • Aktive Sensoren erzeugen einen Stimulus, d. h. es findet eine Anregung der Umgebung statt, und es wird die Reaktion der Umgebung auf diese Anregung gemessen.

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Abb. 5. Aktive und passive Messverfahren.

Messfehler und Vertrauen

  • Die Messgrößen können statisch (zeitlich konstant) oder dynamisch (zeitlich veränderlich) sein. Die Wandlung dieser Messgrößen ergeben dann entsprechend Gleich- und Wechselsignale.

  • Auch eine prinzipiell zeitlich unveränderliche Messgröße (bezogen auf die Messung in einem vorgegeben Zeitinterval τ) erzeugt kein konstantes Signal. Ursache: Rauschen

  • Wiederholt man daher eine Messung N-mal unter gleichen Bedingungen, so wird man eine Reihe von verschiedenen Messwerten {s1,s2,,sn} erhalten.

  • Es gibt systematische und zufällige Fehler bei der Messung, die sich überlagern.

Messfehler und Vertrauen

Systematische Abweichung (systematischer Fehler):

  • Abweichung wird durch den Sensor verursacht
  • z.B.: falsche Eichung, dauernd vorhandene Störungen wie Reibung
  • lässt sich nur durch sorgfältiges Untersuchen der Fehlerquelle beseitigen

Zufällige Abweichung (zufälliger oder statistischer Fehler):

  • Abweichung wird durch unvermeidbare, regellose Störungen verursacht
  • bei wiederholter Messung weichen Einzelergebnisse voneinander ab
  • Einzelergebnisse schwanken um einen Mittelwert

Messfehler und Vertrauen

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Abb. 6. Offset und Präzision bei der Messung einer Variable X

Messfehler und Vertrauen

Systematische Fehler

  • Eine Messgröße X ist meistens durch störende Messgrößen Y,Z, usw. überlagert:
\[K(X,Y,Z){\text{ }}:{\text{ }}X \times Y \times Z \to S,K(x,y,z) \approx \sum\limits_{n = 0}^m {{a_n}{x^n}}  + \sum\limits_{n = 0}^m {{b_n}{y^n}}  + \sum\limits_{n = 0}^m {{c_n}{z^n}}
\]
  • So kann z.B. bei einer Messung einer Kraft oder einer Dehnung die umgebende Temperatur T oder Strukturschwingungen Einfluss auf den Sensor und dessen Übertragungsfunktion und somit auf das Messsignal S haben.

Messfehler und Vertrauen

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  • Systematische Fehler verfälschen die Kalibrierungsfunktion (z. B. bei Geraden den Offset und Steigung). Sind sie bekannt, können sie kompensiert (rausgerechnet) werden.

  • Systematische Fehler können aber auch während der Signalverarbeitung entstehen, so z. B. Offsetspannungen und zeitlicher Drift von Parametern (Verstärkungsfaktor).

Messfehler und Vertrauen

Zufällige Fehler - Streuung

  • Zufällige Fehler beeinflussen die Genauigkeit einer Messung (Rauschen).
  • Wiederholt man eine Messung einer Größe X die durch reine zufälligen Fehler verfälscht wird, so ist die Häufigkeitsverteilung der Messwerte S={s1,s2,,sn} um einen Mittelwert $\bar S$ durch eine Gaussverteilung gegeben (dabei muss die Anzahl der Messungen N groß sein).

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Abb. 7. Häufigkeitsverteilung nach Gauss von Messwerten um einen Mittelwert

Messfehler und Vertrauen

  • Der Mittelwert S repräsentiert die Abschätzung des wahren/wirklichen Wertes Σ der Messgröße X (oder S):
\[\bar S{\text{  =  }}\frac{1}{N}{\text{ }}\sum\limits_{i = 1}^N {{s_i}}
\]
  • Die Standardabweichung ist ein Maß für die Zuverlässigkeit (Präzision) der einzelnen Messwerte einer Messreihe {s1,s2,,sn}:
\[\sigma {\text{  = }}\sqrt {\frac{1}{{N - 1}}{\text{ }}\sum\limits_{i = 1}^N {({s_i}}  - \bar S{)^2}} {\text{ }}
\]

Eine Vergrößerung der Anzahl N der Messungen (unter gleichen Bedingungen!) führt zu einer Verbesserung des Mittelwertes $\bar S$ (Grenzfall N ), nicht aber zu einer wesentlichen Verkleinerung der Standardabweichung σ, da die Genauigkeit nicht steigt!

Messfehler und Vertrauen

  • Der wirkliche Mittelwert Σ ist nicht bekannt (nur im Grenzfall N ist $\bar S$=Σ) - es gibt aber ein Vertrauensintervall mit einer Wahrscheinlichkeit P dass dieser darin enthalten ist:

Σ [$\bar S$-σ,$\bar S$+σ] mit 68.3%,
Σ [$\bar S$-2σ,$\bar S$+2σ] mit 95.4%,
Σ [$\bar S$-3σ,$\bar S$+3σ] mit 99.73%

Messfehler und Vertrauen

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Abb. 8. Rauschquellen bei einer Messung

Sensorfusion

Sensor Fusion: viele Sensoren helfen viel?

  • Die Genauigkeit einer Messung bzw. das Vertrauen in einen Messwert lässt sich durch Zusammenschluss und Korrelation mehrerer verschiedener Sensoren R1,R2, und Sensorsignale erhöhen sr1,sr2,.. Sensordatenfusion

  • So kann z.B. gleichzeitig die Dehnung mit einem Dehnungssensor (Wandlung in elektrische Widerstandsänderung) und die Temperatur mit einem Temperaturssensor gemessen werden, um auch systematischer Fehler durch Temperaturdrift der Übertragungsfunktion kompensieren zu können.

  • Durch die Spannungsversorgung und ein Stromfluss I=U/R erwärmt sich ein Dehnungsmessstreifen gegenüber dem Messkörper. Je nach Wärmeleitfähigkeit des Messkörpers wird die Wärmeleistung mehr oder weniger an den Messkörper abgegeben. Bei schlecht wärmeleitenden Messkörpern kann es somit zu einem Temperaturunterschied zwischen Messkörper und Dehnungsmessstreifen kommen.

Sensorfusion

figsensfushttp://www.hbm.com


Abb. 9. Gleichzeitige Messung von Temperatur und Dehnung führt zu einer Korrekturfunktion
  • Relative Widerstandsänderung des Dehnungsmesstreifens mit Temperaturkorrektur:
\[\begin{gathered}
  \varepsilon  = \frac{{\Delta l}}{{{l_0}}} = \frac{{\Delta R}}{{k_S{R_0}}}, \hfill \\
  {k_S}(T) \approx {k_0} + bT + c{T^2} + d{T^3} + .. \hfill \\ 
\end{gathered}
\]

Sensorfusion

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Abb. 10. Multisensorfusion

Sensorfusion

Klassifizierung Fusion

Redundanz

Mehrere Sensoren messen parallel die gleiche Messgröße (Eigenschaft), z. B. mehrere Temperatursensoren messen die Temperatur eines Körpers

Vielfältigkeit

Mehrere Sensoren messen verschiedene aber korrelierte Messgrößen, z. B. gleichzeitige Messung von Temperatur, Druck und Feuchtigkeit.

Bereich

Mehrere Sensoren messen die gleiche Meßgröße aber in verschiedenen Messbereichen, z. B. mehrer Temperatursensoren messen am gleichen Ort verschiedene Temperaturbereiche.

Zeit

Aktuelle Messungen von Signalen von Sensoren werden zeitlich mit historischen Informationen korreliert, z. B. von einer früheren Kalibration.

Sensorfusion

Sensor System Konfigurationen

Komplementär

Die Sensoren sind unabhängig voneinander und vervollständigen Informationen

Konkurrierend

Jeder Sensor liefert unabhängig eine Messung der gleichen Messgröße

Kooperativ

Sensoren liefern zusammen Informationen die einzelnen nicht verfügbar wären

Schätzung (Estimation)

  • Mit Schätzungstechniken lässt sich die Präzision von Messungen schlechter Qualität verbessern:
  • Mittelwertbildung (Minderung der statistischen Fluktuation)
  • Tiefpassfilter
  • Wiener Filter
  • Kalmann Filter
  • Modelbasierte Filter